Seeley - und wie er den Weg zu uns fand

Die Anschaffung einer zweiten Katze war so in dieser Art und Weise eigentlich nicht vorgesehen, war unser erster Kater Bailey ja noch nicht soo lange bei uns. Ich dachte zwar immer wieder mal darüber nach, doch mein Mann war nicht so begeistert. Er hatte einfach Bedenken, dass sich Bailey dadurch zu stark verändern würde und dieses Risiko wollte er eigentlich nicht so gerne eingehen. War Bailey doch ein durch und durch anhängliches und verschmustes Tier, hatte ich  doch das Gefühl, dass er gerne einen kleinen Raufkumpel hätte, einen, der ein bisschen Abwechslung in den Alltag bringt und mit dem man auf kätzischer Art raufen und toben kann. Also dachte ich mir, legen wir das Projekt "Zweitkatze" auf die Wintermonate denn bis dahin war noch etwas Zeit um meinen Mann doch noch umzustimmen. Aber es kam natürlich wieder mal anders ...

Als ich eines Abends so durch verschiedene Facebook-Seiten blätterte und schaute, was es denn so Neues gibt, stolperte ich in einem spanischen Katzenhilfsverein über eine Meldung. Dort gab es einen Aufruf für einen Kater, dessen Halterin schwanger wurde und nun den Kater aus Angst vor Toxoplasmose zu einem geplanten Zeitpunkt abgeben wollte, d. h. so ungefähr zwei Monate später. In dieser Zeit sollten also neue Halter gesucht werden. Und wie das meistens bei solchen Aufrufen ist, kam eine Flut von "oh ist der süß", "ach den würd ich auch nehmen", "wir hätten noch ein Plätzchen frei" und so weiter, also eigentlich kein Grund zur Sorge dachte ich, dieser Kater findet bestimmt einen Platz.

Ein paar Tage später erschien er jedoch als Notruf bei Facebook, seine Halterin wollte nun doch nicht mehr warten und hat ihn einfach von jetzt auf gleich mit Sack und Pack bei einem Tierarzt abgeliefert und dort gelassen. Nun musste natürlich schnellstens eine neue Bleibe her, konnte er ja nicht auf Dauer dort bleiben und die örtliche Tierhilfe war gnadenlos überfüllt. Und wieder waren die Kommentare "der arme Kerl, vielleicht kann er zu uns", oder "der würde gut zu uns passen", "wir haben zwar schon Katzen, aber für einen mehr ist auch noch Platz" und so ging es weiter. Also dachte ich wieder, der kommt bestimmt irgendwo unter. Doch es kam anders ...

Bereits kurz darauf gab es einen neuen Eintrag zu diesem Fall. Bei einer Untersuchung durch den Tierarzt wurden Blasensteine und akute Entzündungswerte festgestellt die sofort mit Antibiotika behandelt werden mussten. Ab diesem Moment galt der Kater als chronisch krank der dauerhaft mit einem Diätfutter ernährt werden musste, was die Bildung von weiteren Struvitsteinen verhindern sollte. Ich wartete auf Kommentare wie auch schon zuvor, doch außer ein bedauerndes "oh, hoffentlich findet er ein Zuhause" oder "oh weh, also mit einer chronischen Krankheit können wir keine Katze aufnehmen" kam dieses mal nicht viel. Von der anfänglichen Euphorie war scheinbar nicht mehr viel übrig. Und da wurde ich stutzig ...

Das konnte doch wirklich nicht sein dachte ich, also nahm ich Kontakt mit der Vermittlung in Deutschland auf um mich zu erkundigen, wie der Fall voran ging. Es hatte sich noch niemand gefunden daher fragte ich nach, wie hoch die Chancen wären, das Tier zu vermitteln und wurde darüber aufgeklärt, dass es einfacher sei, Katzen mit nur drei Pfoten oder nur einem Auge zu vermitteln, als chronisch kranke Tiere. Die Leute hätten Angst vor den Kosten die durch spezielle Ernährung, den Tierarzt oder Folgeerkrankungen entstehen könnten. Aha dachte ich, so sieht es also aus ... Doch dieser Fall, obwohl ich bis dahin kaum ein Bild von dem Tier gesehen hatte, ließ mich irgendwie nicht mehr los.

Zu diesem Zeitpunkt war mir irgendwie schon klar, worauf das wohl hinauslaufen würde. Ich bat die Vermittlerin um weitere Bilder sowie Videos und um Übersendung des ärztlichen Befundes. Dieser Befund wurde anschließend ins Deutsche übersetzt und damit ging ich zu meinem Tierarzt. Aber auch er versicherte mir, ja, das Tier sei chronisch krank und würde für den Rest seines Lebens spezielles Futter benötigen. Diese Aussage hielt mich allerdings nicht davon ab, mir weitere Informationen zu besorgen denn zwischenzeitlich wurde es auch ziemlich eng für den Kater, und das nicht nur im übertragenen Sinn. Er wurde tagsüber während der Praxiszeiten in eine kleine Box gesperrt und konnte sich nur morgens und abends kurz die Pfötchen vertreten was natürlich für einen gerade mal einjährigen, energiegeladenen Kater geradezu eine Zumutung war. Es musste also schnell eine Lösung her, die Alternativen sahen in einem Land wie Spanien nicht gut aus für ihn.

Bereits da war ich fest entschlossen, den kleinen Kerl zu uns zu holen, chronisch krank oder nicht. Allzu begeistert war mein Mann natürlich nicht als ich ihm das eröffnete, aber er ließ mich machen und so fing ich an, die Einreise zu organisieren. Der vom Tierschutz geplante Transport mit dem Auto musste aufgrund der zu hohen Temperaturen erst verschoben, dann abgesagt werden, daher suchte ich via Facebook nach einem Flugpaten, doch leider fand sich niemand. Da ich dem Kerlchen die momentane Situation nicht noch viel länger zumuten wollte, plante ich daher, ihn dort selbst abzuholen. Also schaute ich zunächst, welcher Airport in Spanien der nächstgelegene zur dortigen Tierhilfe war, damit nicht noch lange Fahrtzeiten im Auto für den Kater hinzu kämen. Danach, welche Fluglinien Tiere an Bord und im Passagierraum erlauben und buchte dann Flugtickets und ein Hotel vor Ort, welches ebenfalls Tiere erlaubte. Anschließend schickte ich ein Päckchen nach Spanien mit der Bitte, die darin enthaltenen Mittel ab sofort zur Vorbereitung dem Kater ins Futter zu geben, was auch verlässlich umgesetzt wurde. Nun galt es also noch ein paar Wochen bis zum Abflug zu warten ...

Bis zum Tag der Abreise hatte ich zwischenzeitlich ein "Ankunftszimmer" eingerichtet, ausgestattet mit Kratzbaum, Katzenklo, Spielzeug, Versteckmöglichkeiten und Futterplatz. Außerdem hatten mein Mann und ich eine Gittertür zur Abtrennung montiert und langsam angefangen, auch unseren ersten Kater Bailey auf die Ankunft einer weiteren Katze vorzubereiten. Außerdem hatte ich mir mehrere in Frage kommende Transporttaschen bestellt und angesehen, da jede Airline eigene Vorgaben zu Größe und Gesamtgewicht hat. Und schließlich war es dann soweit, der Tag des Abflugs war da und so machte ich mich auf den Weg. Ich muss noch kurz erwähren, dass der Hinflug eine kleine Katastrophe war, musste das Flugzeug doch unplanmäßig landen da ein Passagier an Bord kurz vor einem Herzinfarkt stand. Aber schließlich kam ich dann mit drei Stunden Verspätung in Spanien an und hatte zum Glück genügend zeitlichen Puffer eingeplant. Ich checkte im Hotel ein, was sich ganz in der Nähe zum Flughafen befand und wartete auf die Ankunft meines neuen Mitbewohners. 

Seeley unterm HandtuchAls der kleine Kerl endlich ankam, lief er ganz aufgeregt und überdreht im Zimmer herum, was natürlich ganz klar war. Er hatte viel erlebt in kurzer Zeit und war voller Energie. Was auch dazu führte, dass ich in dieser Nacht kein Auge zumachte sondern damit beschäftigt war, Papierbällchen zu werfen und mich währenddessen fragte, wie ich dieses Energiebündel wohl in so eine kleine Transporttasche bekommen sollte. Doch schließlich konnte ich ihn morgens um sechs Uhr mit Leckerchen, auf die ich vorher Rescue Tropfen gegeben hatte, überzeugen in die Tasche zu gehen. Ab diesem Zeitpunkt blieb er erstaunlich ruhig und es war überhaupt nichts mehr von ihm zu hören, wie ausgewechselt der Kater. Am Flughafen angekommen, checkte ich uns ein und dann stand uns die Sicherheitskontrolle bevor.

Jetzt ist es ja so, dass eigentlich bei diesen Kontrollen die Tiere, egal ob Hund oder Katze, aus den Taschen genommen werden müssen, damit die Tragetaschen durchleuchtet werden können. Hundehalter laufen dann meist anschließend zusammen mit ihrem Hund durch den Metalldetektor und nehmen danach die Tasche wieder in Emfpang. Mit Katzen gestaltet es sich hier leider ein wenig schwieriger, reagieren sie doch auf Veränderungen wie ungewohnte fremde Umgebung und großen Lärm entsprechend meist mit Panik. Was für mich bedeutete, ich musste extrem bedacht vorgehen, wollte ich ein entwischen des Katers verhindern. Ich versuchte also, mit Händen und Füßen und ein wenig Englisch, dem spanischen Sicherheitspersonal verständlich zu machen, dass ich eine zweite Transporttasche dabei hätte. Eine Tasche soll durchleuchtet werden die bekomme ich wieder zurück, lasse den Kater anschließend in diese Tasche umsteigen und danach könnte die zweite Tasche kontrolliert werden. Nach einigem Hin und Her ließen sie sich schließlich darauf ein und das Katerchen stieg anstandslos und brav in die zweite Box um. Im Flieger dann bettete ich ihn ein wenig in Handtücher ein um den Lärm und den Geräuschpegel ein wenig abzumildern. Nach vierstündiger Flugzeit kamen wir endlich in Deutschland an wo uns mein Mann vom Flughafen abholte. Am Auto durfte der Kater abermals in eine andere, größere Tasche umsteigen wo er mehr sehen konnte und etwas mehr Platz hatte. Nach nochmaliger ca. 2stündiger Autofahrt waren wir dann endlich Zuhause, zwar völlig übermüdet und total k.o., aber froh und erleichtert, alles ohne größere Zwischenfälle überstanden zu haben.

SeeleyBereits am nächsten Tag fing ich an, Seeley, der bis dahin ausschließlich mit Trockenfutter ernährt wurde, auf hochwertiges Nassfutter umzustellen, zwar in winzig kleinen Schritten, aber konstant und hartnäckig. Es dauerte schließlich nicht sehr lange, da bekam er nur noch Nassfutter, den ph-Wert im Urin behielt ich dabei natürlich im Auge. Es stellte sich bald heraus, dass die Struvitsteine in seinem Fall durch Stress ausgelöst wurden, denn nachdem er auf Nassfutter umgestellt war und sich einige Tage erholt hatte und zur Ruhe gekommen war, waren Blasensteine kein Thema mehr und auch der ph-Wert normalisierte sich immer weiter. Inzwischen werden beide Katzen gebarft, so dass verschiedene Krankheitsbilder, die beide bei ihrem Einzug mitbrachten, kein Problem mehr sind.

Das hat mir wieder einmal deutlich gezeigt, wie in der Schulmedizin überwiegend vorgegangen wird. Hier wäre die Lösung dauerhaftes (und teures!) Diätfutter gewesen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht auch anders geht. Dramatisch dabei finde ich, dass durch diese Vorgehensweise eventuelle Vermittlungschancen solcher Tiere enorm gemindert werden, wenn nicht sogar gegen Null gehen, wie das dieser Fall zeigte. Unwissenheit und/oder kalkuliertes Vorgehen vieler Tierärzte schadet unseren Tieren! Ich kann daher nur jedem Tierhalter dringend raten, genau zu überlegen und sich unbedingt auch anderweitig beraten zu lassen, bevor er sein Tier in entsprechende Behandlung gibt.

 

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